viele Kindergartenkinder sitzen vor einer bunten Wand auf einer Bank

Kinder

Kinder sind nicht nur dann betroffen, wenn sie selbst direktes Opfer von Gewalthandlungen in der Familie sind. Bereits das Miterleben elterlicher Gewalttätigkeiten können zu negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder führen.

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Kinder sind nicht nur dann betroffen, wenn sie selbst direktes Opfer von Gewalthandlungen in der Familie sind. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bereits das Miterleben elterlicher Gewalttätigkeiten zu negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder – insbesondere zu Verhaltensstörungen und emotionalen Problemen sowie zu einer negativen Beeinflussung kognitiver Fähigkeiten – führen kann.

Eine Reihe von Studien legt dabei noch einen weiteren Zusammenhang nahe: Kinder, die Misshandlungen miterleben, lernen und übernehmen dieses Verhalten. Es zeigt sich, dass diese Kinder zumindest eine Akzeptanz für den Gebrauch von Gewalt als Konfliktlösungsmuster entwickeln können und eigene Gewalttätigkeiten damit rechtfertigen. Auch die repräsentative Studie zum Umfang von Gewalt gegen Frauen in Deutschland fand, dass Gewalt in der Kindheit – sei es direkte oder miterlebte Gewalt – ein Risikofaktor für ein Gewalterleben als Erwachsene in der Partnerschaft ist.

Frau Prof. Dr. Barbara Kavemann (Projekt WiBIG – Wissenschaftliche Begleitung Interventionsprojekte gegen häusliche Gewalt, Universität Osnabrück) führt in ihrer zusammenfassenden Darstellung (2000) „Kinder und häusliche Gewalt – Kinder misshandelter Mütter“ (Jahrgang 3, Heft 2, S. 106-120, DGgKV) hierzu aus:

„Das Erleben, wie der Vater die Mutter misshandelt, demütigt und einschüchtert beeinflusst das Bild, das Töchter und Söhne von Mutter und Vater haben. Und es beeinflusst die Beziehung zu Vater und Mutter. Kinder – selbst kleine Kinder – fühlen sich angesichts der Gewalt des Vaters und der Ohnmacht der Mutter sehr hilflos und ausgeliefert, aber auch verantwortlich für das, was passiert. Oft glauben sie, sie seien daran schuld. Oder sie versuchen, einzugreifen, den Vater zurückzuhalten, die Mutter zu schützen. Wenn sie sich einmischen, werden sie oft selbst misshandelt. Oder sie haben Angst, sich einzumischen und deshalb Schuldgefühle. Oder sie sehen, in welcher Verfassung die Mutter ist, und übernehmen die Verantwortung für die Versorgung und den Schutz ihrer Geschwister bzw. die Versorgung des Haushalts.

Das Miterleben der Gewalt gegen die Mutter hat vielfältige und unterschiedliche Auswirkungen auf die Töchter und Söhne. Nie bleibt es ohne Auswirkungen. Das Miterleben dieser Situation ist für Kinder immer schädigend. Die Auswirkungen erreichen nicht immer traumatisierende Intensität. Aber qualifizierte, eigenständige Unterstützung brauchen alle Kinder, die Gewalt gegen die Mutter erlebt haben.

Vor allem in den vielen Fällen, in denen Kinder über lange Zeit der chronischen Gewalt des Vaters gegen die Mutter ausgesetzt waren, ist mit traumatischen Schädigungen zu rechnen. In vielen Fällen werden unspezifische Auswirkungen beobachtet wie:

  • Schlafstörungen
  • Schulschwierigkeiten
  • Entwicklungsverzögerungen
  • Aggressivität
  • Ängstlichkeit

Dieses Spektrum ähnelt sehr den Symptomen, die Kinder und Jugendliche in anderen schwierigen Lebenssituationen zeigen, z.B. wenn sie selbst Gewalt in unterschiedlicher Form erleiden, wenn sie Trennungen hinnehmen müssen und ihnen wichtige Bindungen verloren gehen usw.“

Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2014 wurden in Hessen bei insgesamt 7.586 Fällen häuslicher Gewalt in 3.258 Fällen 5.375 Minderjährige in der Wohnung des Tatgeschehens von der Polizei vorgefunden.

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